Rechtsanwalt Georg Mörchel
advocatus
Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts
Navigation / navigium Inhalt / index


Home

Gewerblicher Rechtsschutz

Arbeitsrecht

Sportrecht

Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatzrecht

Dienstleistung

Aktuelle Entscheidungen

Gesetzesnovellen

Novellierung des deutschen Schuldrechts

EGG - Umsetzung der E-Commerce-RL

Anpassung der Formvorschriften des Privatrech...

Kooperation

Kontakt

Impressum

In eigener Sache


Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts
Am 01.08.2001 trat das "Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr" in Kraft. Es dient der Umsetzung eines Teilbereiches der Europäischen e-Commerce-Richtlinie und steht in engem Zusammenhang mit dem neuen Signaturgesetz, das am 22. Mai 2001 in Kraft getreten ist und auf der Europäischen Signaturrichtlinie beruht.

Das Signaturgesetz selbst regelt lediglich die technischen und
organisatorischen Rahmenbedingungen für die Schaffung einer
Infrastruktur, mittels derer sichere digitale Signaturen erstellt und verwendet werden können. Das Gesetz definiert drei verschiedene Arten digitaler Signaturen, die abgestufte Sicherheitsanforderungen erfüllen (einfache, fortgeschrittene und qualifizierte elektronische Signatur). Allerdings wird ihre rechtliche Wirkung erst durch die jetzt erfolgte Anpassung der Formvorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.

Eine besondere Stellung nimmt die qualifizierte elektronische
Signatur ein, die der höchsten Sicherheitsstufe nach dem
Signaturgesetz entsprechen muss. Sie kann künftig grundsätzlich als sogenannte "elektronische Form" die gesetzliche Schriftform ersetzen.
Allerdings hat der Gesetzgeber einige wichtige und praktisch
relevante Bereiche ausdrücklich hiervon ausgenommen. So gilt unter anderem für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen, die Erteilung von Arbeitszeugnissen, die Bürgschaftserklärung und den Abschluss von Verbraucherkreditverträgen weiterhin, dass ein handschriftlich unterzeichnetes Dokument erforderlich ist. Änderungen ergeben sich dagegen etwa für die Abtretung einer durch eine Briefhypothek gesicherten Forderung, die bisher schriftlich erfolgen musste und künftig auch elektronisch erklärt werden kann. Ob solche Fälle aber praktische Relevanz erlangen werden, ist fraglich.

Neben der "elektronischen Form" sieht das BGB jetzt die "Textform" für die Fälle vor, in denen geringere Sicherheitsanforderungen bestehen und daher die Schriftform nicht erforderlich ist. Die Textform tritt beispielsweise bei der Geltendmachung einer Mieterhöhung nach dem Gesetz zur Regelung der Miethöhe alternativ neben die früher allein mögliche Schriftform. Die Textform verlangt, dass die Erklärung in einer Weise abgegeben wird, die ihre dauerhafte Wiedergabe in Schriftzeichen zulässt, den Erklärenden nennt und den Abschluss und damit die Ernstlichkeit der Erklärung kenntlich macht.
Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht nötig. Daher genügt die Übermittlung der Erklärung in Kopie, per Fax und auch in rein elektronischer Form, wie etwa per E-Mail, da hier die Schriftzeichen auf dem Bildschirm gelesen werden können.

Im BGB ist jetzt außerdem geregelt, dass die vertraglich vereinbarte Schriftform im Zweifel durch die "elektronische Form" ersetzt werden kann. Sofern nicht ein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist, genügt auch die bloße Beifügung des Namens oder anderer zur Authentifizierung dienender Daten. Es empfiehlt sich daher, künftig bei vertraglichen Schriftformklauseln der neuen gesetzlichen Regelung Rechnung zu tragen.

In Rechtsstreitigkeiten wird eine Neuregelung in der
Zivilprozessordnung relevant, wonach bei der Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur der sogenannter
Anscheinsbeweis für die Echtheit der jeweiligen Erklärung greift. Das Gericht geht dann zunächst von der Echtheit der Erklärung aus. Dies gilt, solange die gegnerische Seite keine Tatsachen vorbringt, die trotz Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur ernsthafte Zweifel an der Echtheit der Erklärung begründen. Eine echte Beweislastumkehr gibt es aber nicht. Der Gegner muss also die mangelnde Echtheit nicht voll beweisen. Es genügt, Zweifel an der Echtheit zu begründen.

Der Gesetzgeber ist nicht den Schritt gegangen, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehene Dokumente als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung anzuerkennen. Dies hätte die Möglichkeit des Urkundenprozesses eröffnet, der gegenüber dem Regelverfahren einfacher und schneller ist. Der Gesetzgeber hielt dies zusätzlich zur Wirkung des Anscheinsbeweises nicht für angebracht.

Welcher Beweiswert der einfachen und der fortgeschrittenen elektronischen Signatur künftig zukommt, beantwortet der Gesetzgeber nicht. Die fortgeschrittene elektronische Signatur weist prinzipiell dieselben Funktionsmerkmale wie die qualifizierte elektronische Signatur auf. Allerdings bewegt sie sich außerhalb der vom Signaturgesetz geschaffenen Infrastruktur von Zertifizierungsdiensteanbietern, sicheren
Signaturerstellungseinheiten und den hierfür geltenden gesetzlichen Anforderungen. Die einfache elektronische Signatur ist ein Oberbegriff für jegliche Art von Daten (etwa der Name des Erklärenden), die anderen Daten (etwa einer E-Mail) zum Zweck der Authentifizierung beigefügt sind, ohne dass hiermit bestimmte Sicherheitsanforderungen verbunden sind.

Dass der Gesetzgeber jetzt nur der qualifizierten elektronischen Signatur ausdrücklich die Wirkung eines Anscheinsbeweises zuschreibt, lässt keinen Umkehrschluss zu. Der Anscheinsbeweis fällt in den Bereich der freien richterlichen Beweiswürdigung, so dass die Rechtsprechung zumindest für eine fortgeschrittene elektronische Signatur ähnliche Anscheinsbeweisregeln entwickeln kann, wie sie jetzt für die qualifizierte elektronische Signatur im Gesetz verankert sind. Für die einfache elektronische Signatur ist dies abwegig, da die Unverfälschtheit der Erklärung und die tatsächliche Urheberschaft des angeblichen Absenders technisch nicht sichergestellt wird.

Den Vorteilen im Hinblick auf die Beweisbarkeit, die mit der
qualifizierten elektronischen Signatur verbunden sind, stehen nach wie vor hohe technische Anforderungen an die verwendeten Systeme gegenüber. Bei der praktischen Umsetzung des neuen Signaturgesetzes deuten sich bereits jetzt erhebliche bürokratische Hürden an. Mit dem Einsatz einer qualifizierten elektronischen Signatur wird unter Umständen die internationale Kompatibilität geopfert. Allerdings hat beispielsweise der führende internationale Anbieter VeriSign (siehe www.verisign.com) die Übereinstimmung seiner Produkte mit den Anforderungen der Europäischen Signaturrichtlinie bereits bekannt gegeben. In den kommenden Monaten wird der Markt über die Zukunft der
digitalen elektronischen Signatur entscheiden.
Link Schuldrechtsreform
Link Umsetzung E-Commerce-RL
Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts
kumulaitve Navigation zurück nach oben
cumulatus navigium redeo escendo